Pervers oder kreativ?
Ausgefallene Praktiken – Perversität oder Kreativität?
Kann pervers sein, was beiden gefällt?
Ein hünenhafter Mann kniet – nur mit einem Stringtanga bekleidet – vor einer zierlichen Frau im Lederoutfit und küsst ihre Füße. Sie hält eine Gerte in Händen und versucht so auszusehen, als hätte sie die Kontrolle über die Situation. Eine Frau mit gefesselten Händen und Beinen wird von einem Mann mit Wachs beträufelt und gerät in Exstase. Pervers? Haben auch Sie bereits solche Szenen in Filmen oder Magazinen gesehen und jede Nachahmung dieses abartigen Verhaltens entrüstet von sich gewiesen? Oder finden Sie solche Vorstellungen durchaus erotisch und würden gerne einmal die ausgetretenen Pfade des Geschlechtsakts verlassen, die sie seit Jahren einschlagen – wäre da nicht die Meinung Ihrer Mitmenschen, welche auch Sie selbst beeinflusst. Was versteht man eigentlich unter dem Begriff Perversion? Generell ist damit eine Verdrehung oder Umkehrung des Normalzustandes gemeint, also ein Verhalten, das einen Gegensatz zur allgemeingültigen Norm darstellt. In der Sexualität bezeichnet man „unnatürliche“ Sexualpraktiken als Perversionen, so zum Beispiel Masochismus, Exhibitionismus oder Fetischismus. Wer bestimmt nun, wie man sich normgerecht verhält? Im Grunde wir, also die Gesellschaft. Und wenn diese auch in den letzten Jahrzehnten durchaus toleranter geworden ist, steckt sie trotzdem noch immer voller Vorurteile. Menschen, die anders sind oder anders agieren als der Großteil der Bevölkerung, werden (nicht nur im sexuellen Bereich) im besten Fall als absonderlich abgestempelt. Andersartigkeit ruft Unverständnis und Angst hervor. Dinge und Verhaltensweisen, die nicht nachvollzogen werden können, wecken Abwehrreaktionen und führen zur Stigmatisierung des Abweichenden.
Dies wiederum weckt oft Schuldgefühle bei den Betroffenen, die eben nicht der gängigen Norm entsprechen. Viele versuchen, ihre Neigungen aus Schamgefühl und aus Furcht vor Ablehnung zu negieren, was unbeschreiblichen Druck verursacht und zu psychischen Problemen führen kann. Ist es wirklich pervers, abartig oder anormal, wenn zwei Menschen im gegenseitigen Einverständnis – ohne Zwang und aus freier Entscheidung – Praktiken vorziehen, die in europäischen Schlafzimmern nicht gewohnheitsmäßig betrieben werden? Hat die Gesellschaft das Recht, zu verurteilen? Sehen Sie Ihren besten Freund oder Ihre beste Freundin plötzlich mit anderen Augen, wenn er oder sie Ihnen eröffnet, an sadomasochistischen Spielen Gefallen zu finden? Würden Sie eine neue Eroberung ablehnen, die vorschlägt, mit Fetischkleidung zu experimentieren, nur weil Generationen vor Ihnen dies als pervers abgetan haben? Auch in der Psychologie geht man längst den Weg, abweichendes Sexualverhalten nicht mehr als Perversion darzustellen und nur dann eine Therapie zu empfehlen, wenn bei den Betoffenen starker Leidensdruck vorherrscht, der ein normales Leben verunmöglicht. Wenn Sie also Lust verspüren, mit Ihrem Partner Praktiken zu zelebrieren, die von einigen ewig Gestrigen als Perversion bezeichnet werden, dann lassen Sie die Meinung Ihrer Mitmenschen außen vor und genießen Sie die Abkehr von der sogenannten Normalität. Lassen Sie Ihrer Fantasie freien Lauf. Ein Grundprinzip im BDSM lautet „safe, sane, consensual“ und sollte die Basis jeder (sexuellen) Beziehung bilden. Sicherheitsbewusst, mit klarem Verstand und einvernehmlich – wenn Sie Ihre Fantasien unter diesen Aspekten ausleben, niemand dem Zwang unterliegt, etwas tun zu müssen, zu dem er nicht bereit ist, können Sie guten Gewissens agieren, ohne Schuldgefühle aufkommen zu lassen.
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