Latextraum 1
Sein Blick fiel sofort auf die Stiefel, als der Mantel die Sicht frei gab. Mein Gott, sie nahmen überhaupt kein Ende! Sie gingen ihr bis knapp unter ihr kurzes, schwarzes Minikleid. Sie stand ganz in schwarz, in riesigen Stiefeln vor ihm. Gelesen hatte er schon lang nicht mehr. Frank wurde es seltsam warm. Und das am frühen Morgen. Sie setzte sich wieder, schlug die Beine übereinander und blätterte in einem Roman. Frank saß ganz still da und musterte ihre Stiefel. Millimeter für Millimeter. Ihre neuen Stiefel glänzten überall. Während er so dasaß und vor sich hin blickte, hätte die Welt untergehen können, er hätte es nicht gemerkt. Erst als er einen Stoß in die Seite bekam, nahm er das "Rücken Sie doch einmal ein bisschen, dass ich mich auch setzen kann." wahr. Die schwarze Lady gegenüber hatte das natürlich beobachtet und lächelte, nahm ihr überkreuztes Bein und stellte es wieder neben das andere. Frank rückte zur Seite, doch befangen wie er war, glitt ihm die Zeitung aus der Hand und sein Aktenkoffer fiel auf den Boden. "Entschuldigung, das ist heute nicht mein Tag. Zuerst verschlafe ich um Stunden und jetzt das hier..." sagte er wie benommen zu der schwarzen Lady, denn seine Sachen fielen ihr vor ihre schwarzen Stiefel. "Machen Sie sich nichts daraus, das kann jedem passieren. Auch ich bin heute nicht ganz pünktlich." Sie lächelte ihn an und sah ihn mit ihren Rehaugen an. Frank verharrte darin seine Sachen einzusammeln. "Wissen Sie, dass Sie unbeschreiblich schön sind?" quoll es aus ihm heraus ohne das er es wirklich wahrnahm. Sie räusperte sich und lehnte sich wieder nach hinten. "Entschuldigen Sie, das sollte keine Anmache sein, es platzte einfach so aus mir heraus." Er sammelte umständlich sein Eigentum ein, wobei ihm einiges wieder hin fiel, warf alles wieder und begann von neuem. Als er schließlich fertig war, sagte sie: "Ja, ich weiß, dass ich gut aussehe. Ich habe auch schließlich lange genug daran gearbeitet." Er war überrascht, und doch froh. "Sind Sie auf dem Weg ins Geschäft? Entschuldigung, darf ich mich vorstellen, ich heiße Frank Walter." "Wenn Sie wollen !?" sagte sie nach einer Weile. "Lisa Bendorf. Ich fahre zu dem Cafe in dem ich arbeite." "Darf ich fragen in welchem Cafe?" "Das Cafe Fetisch am Bahnhof" Der Name sagte ihm überhaupt nichts, weshalb er versuchte mit "Aah!" das Gespräch weiterzuführen. "Sind Sie dort Kellnerin?" "Das kann man so sehen. Oh, ich muss hier gleich raus. War nett mit Ihnen gesprochen zu haben." Sie stand auf, packte den Roman ein, nahm ihren Mantel und stieg aus. Frank sah' ihr noch lange nach und fuhr zur Arbeit.
Lisa ging ihm den ganzen Tag nicht aus dem Kopf, und weil er wusste wo sie arbeitet, konnte er sie wieder finden, wenn er den Mut dazu haben würde. Frank schaute ins Telefonbuch um die Adresse des Cafe's herauszufinden, konnte sie aber nicht finden. Da er aber wusste wo sie ausstieg, und dass es in der Nähe des Bahnhofs sein soll, würde er es schon finden. Abends, er hatte keine Termine, fasste er sich ein Herz und fuhr frohen Mutes zum Bahnhof. Als er endlich gegen zehn dort war, brauchte er aber zwei Stunden um es zu finden, denn es war nicht mehr als ein kleines Schild an einer Treppe die ins Souterrain führte. Vor dem alten Reihenhaus standen Auto's die er hier irgendwie doch nicht vermutet hätte. Zwei Porsche, ein Rolls Royce, und andere Wagen seiner Geschmacksklasse. Langsam stieg er die Treppe hinab um sich das Cafe etwas näher anzusehen. "Entschuldigen Sie bitte," sprach ihn jemand von der Seite an, "wir haben leider einen Dresscode. Ohne passende Kleidung können Sie hier nicht rein." und hob die Schultern. "Was für einen Dresscode?" "Wie der Name schon sagt. - Fetisch." "Helfen Sie mir, was ist fetisch?" "Wenn Sie das nicht wissen, sollten Sie sich erkundigen ob Sie hier überhaupt rein wollen." Frank schaute ihn fragend an. "Na, sehen Sie mich an, dann wissen Sie's." Nichts wusste er. Der Türsteher sah verrückt aus, hatte Sachen an, die er noch nirgends gesehen hatte. Doch! Er trug dieselben Stiefel wie Lisa heute morgen. "Unter uns, was ist das hier? Eine Modekneipe?" "Wir sind keine 'Modekneipe'!" sagte der Türsteher und verzog sein Gesicht. "Gehen Sie jetzt!" Er ging.
Am nächsten Morgen nahm er sich einen halben Tag Urlaub, fuhr zur Haltestelle Bahnhof um auf Lisa zu warten. Der Morgen verging, aber Lisa kam nicht. Auch fand er sie nicht in der Nähe des Cafe's. Also nahm er sich den Rest der Woche auch noch frei, irgendwann würde Lisa auftauchen. Am Freitag dann fand er sie tatsächlich gegen zehn Uhr morgens am Bahnhof. Er ging auf Sie zu. "Lisa! Erkennen Sie mich noch?" Sie blieb stehen und mustere ihn. "Sie sind der Mensch der seine Koffer und Zeitungen in U-Bahnen durch die Gegend wirft", und lächelte ihn an. "Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich wollte Sie wieder sehen. Nein, warten Sie. Sie, oder besser ihr Cafe, haben mich neugierig gemacht." "Sie waren da? Ich hab' Sie gar nicht gesehen !?" "Man lies mich nicht rein." "Sie waren abends da?" "Ja." "Das wundert mich nicht. Kommen Sie zum Frühstück. Um diese Uhrzeit gibt es keinen Dresscode. Außerdem hatte ich diese Woche Frühdienst. Erst nächste Woche bin ich abends da." Warum kam er da nicht drauf? Vielleicht weil man es nicht wissen kann, wenn man nicht fragt? "Begleiten Sie mich. Oder, nein, seien Sie gegen elf am Cafe. Ich muss mich sputen." "Ich bin da." Gegen kurz vor elf war er am Cafe, wartete aber noch. Er wollte nicht zu überpünktlich sein. Zu seiner Überraschung war jetzt wirklich der Türsteher nicht da und er betrat langsamen Schrittes das Cafe, legte seinen Mantel ab und setzte sich an einen freien Tisch. Jetzt sah er das Cafe das erste Mal von innen. Bilder mit nackten, gefesselten Männern und Frauen hingen an der Wand. Obwohl ihr Motiv so streng war, wirkten die Bilder ästhetisch, schön. Man sah den Personen auf den Bildern an, daß es ihnen Spaß machte sich so fotografieren zu lassen. Trotz seiner Eleganz wirkte das Cafe kahl und kalt. Weißer Boden, weiße Wände, schwarze Möbel.
Frank blickte forschend durch das Cafe als Lisa auf ihn zukam. "Hi!" "Hallo Lisa." "Nennen Sie mich Mistress." "Warum?" "Sie wissen nicht wo Sie hier sind. Habe ich recht?" "Wenn ich so recht überlege bin ich in einem Cafe. Ein Cafe in das man abends nicht reinkommt." "Es ist ein Cafe für einen relativ kleinen, aber wachsenden Kreis an sehr interessanten Leuten." "Das ist es warum ich Sie wieder sehen wollte. Was sind das für Leute? Und was bedeutet Fetisch? Ich bin, ehrlich gesagt mittlerweile mehr als nur neugierig. Dass euer Türsteher und Sie, auch heute wieder, dieselben Stiefel tragen, dürfte es ja nicht sein, oder?" "Das war ein bisschen viel auf einmal. Meine Stiefel sind aber allerdings ein Bestandteil. Fangen wir anders an. Wie gefallen ihnen die Bilder an der Wand?" "Ich weiß nicht so recht. Sie wirken einmal sexistisch, brutal, schön, alternativ, modern, alles in einem." "Können Sie sich vorstellen, daß das den Leuten Spaß macht was sie da tun?" "Es sieht in der Tat so aus." "Und was machen die?" "Soll ich Ihnen das wirklich sagen?" "Nur zu. Keine Scheu. Ich bin auch erst seit drei Monaten hier, aber ich habe mich nicht so angestellt." "Männer und Frauen in diesen verrückten Sachen, Ketten, Masken..." "Sie sagten verrückte Sachen, was für verrückte Sachen?" "Kann ich nicht sagen. Ich habe so etwas vorher nicht gesehen." "Doch, haben Sie, Ihnen ist es nur nicht aufgefallen." "Lisa, Tisch 3 möchte bestellen!" kam es von der Theke. "Moment!" "Ich sagen Ihnen etwas. Wir treffen uns heute Abend um acht an der Haltestelle Erlsbach, kennen Sie die? Dann zeige ich Ihnen was Fetisch ist. Können Sie tanzen? - Gut. Also, um acht. Erlsbach. Ich warte nicht gerne." "Versprochen, Li.. - Mistress." Sie kniff ihm ein Auge zu. Als sie aufstand hörte er, dass ihre Kleidung eigenartige Geräusche macht. Er kannte sie, konnte sie aber nicht einordnen. "Hallo Frank. Hier bin ich." Aus dem dunkeln heraus sah er einen blanken, glatt spiegelnden Körper. Lisa trug wieder ihre Stiefel. Nur waren sie jetzt knallrot. Sie trug einen hautengen, schwarzen Anzug, eine Maske die aber ihr Gesicht frei lies und einen weitkrempigen, flachen Hut. Ihre Haare waren zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, der lang unter dem Hut heraushing. Eine schwarze Lackhandtasche baumelte an ihrer Seite. Überhaupt sah sie aus wie eine einzige Lackpuppe. So glänzend, so edel. Frank's Unterkiefer hing herab. "Sie können den Mund wieder zu machen!" sagte sie lachend. "Gefalle ich Ihnen? - Frank! Hallo!" "Mis... - Frau - aehm -, Lisa..." "Mistress! Vielleicht darfst Du mich später einmal Lisa nennen. Für Dich heiße ich Mistress. Klaro?" Sie nahm den etwas dümmlich dastehenden Frank am Arm und führte ihn zur Seite. Sichtlich langsam kam Frank zur Besinnung. "Bevor Sie etwas sagen, sage ich Ihnen jetzt unsere Spielregeln, klar? Also, Frank, Sie geben mir jetzt Ihren Personalausweis. Bitte glauben Sie nicht ich würde Ihnen nicht vertrauen, ich möchte nur sichergehen, dass mir nichts passiert. Sie bekommen ihn auch ganz bestimmt von mir nachher zurück. - Bitte!" "Ähm, ja, kann, kann ich Ihnen geben.. - Mistress." stotterte Frank. "Brav. Ich möchte Sie in unser Clubhaus führen. Wir haben heute Glück, es ist niemand außer uns da." Sie steckte den Ausweis in einen Briefkasten ohne Schild. "Wofür machen Sie das alles? Es kann doch nicht nur meine Ausstrahlung sein, oder dass ich Ihnen gefalle?" "Wer weiß? Außerdem macht es mir Spaß Sie in den Fetisch einzuweihen. Sie sind der Erste bei dem ich es versuche. Ich bin auch eingeweiht worden. Aber auf andere Art und Weise. Vielleicht erzähle ich Ihnen einmal davon." Lisa strahlte ihn an. "Gehen wir?" Bevor Frank eigentlich so richtig begriff was los war, nahm ihn Lisa mit zum Auto, einem nagelneuen, schwarzen Golf Cabrio. Sie fuhren zum Cafe, betraten es aber nicht von vorne, sondern gingen durch einen schwer verriegelten Hintereingang. "Hier sind wir. Geh' schon einmal geradeaus durch. Ich mach' noch schnell die Tür zu und komme dann." Frank ging, wie ihm gesagt, den Flur entlang in einen Raum der so aussah wie ein Kellergewölbe. An den Wänden hing allerlei Zeug. Er entdeckte gerade einen Durchgang in ein anderes Zimmer als Lisa kam. "Gefällt es Dir? Ich finde es himmlisch!" "Nun ja, ich weiß nicht was ich sagen soll." "Wirst Du auch bald nicht mehr. Denn ich werde Dich jetzt in den Fetisch einweisen. Nimm dort auf dem Stuhl platz." Sie stellte sich vor ihn und fing an zu erzählen. "Das mit meinen Stiefeln hast Du ja nun schon erkannt. Doch was meinst Du habe ich sonst an?" "Ich würde sagen einen engen Anzug." "Aber dieser Anzug ist aus Gummi. Genauer, Latex." "Gummi ??" "Ja! Eine Gummischicht umspannt meinen Körper so fest als wäre es eine zweite Haut. Überall. Und weil es so eng anliegt und so fest und anschmiegsam ist, gibt es mir das unheimlich erotische Gefühl darin gefangen zu sein. Ich bin von den Zehenspitzen bis zu den Fingernägeln samt Kopf komplett von Latex eingeschlossen. Einerseits, weil ich meinen Anzug nicht so schnell ausziehen kann, bin ich schutzlos der Umwelt ausgeliefert, zudem bin ich darunter vollkommen nackt und genauso fühle ich mich auch. Jeden Windhauch spüre ich an meinem Körper. Der Anzug bietet nicht den geringsten Schutz vor Kälte." Frank staunte nicht schlecht. Mit offenem Mund hörte er zu. "Und trotzdem fühle ich mich stark. Wenn man erst einmal den Mut gefunden hat seine Schwäche erotisch auszuleben, wird man danach süchtig. Ich bin süchtig auf Fetisch." "Süchtig??" "Ja, Fetisch ist nichts anderes, als das man etwas verherrlicht. Ganz so wie ich es Ihnen sage. Ich liebe die Schutzlosigkeit. Es erregt mich. Andere stehen auf Schmerzen. Dr. Beiner, aus unserem Club, ist Arzt. Er kann nicht anders als von seiner Frau dominiert zu werden. Stellen Sie sich vor, er lässt sich ans Bett fesseln... es erregt ihn." "Unvorstellbar..." "Um meine Geschichte zu beenden, ich bin Ihnen eigentlich schutzlos ausgeliefert. Sie könnten mich auf der Stelle vergewaltigen. Aber Sie tun es nicht. Ich könnte mich noch nicht einmal wehren. Alles was ich habe, ist Ihren Ausweis." "Das ist im Falle eines Falles genug." "Darauf kommt es aber nicht an. Fetisch ist unter anderen Menschen ein absolutes Tabu. Entweder ist man pervers oder Nutte. Punkt. Ich genieße das. Die Leute haben keine Ahnung. Sie können nicht fühlen. Und ich genieße." "Ich sehe was Sie meinen, Lisa." "Mistress!" "Mistress." "Du wirst Dich jetzt ausziehen, in der Zwischenzeit suche ich ein paar Dinge zusammen die Dir passen müßten." "Aber..." "Keine Widerrede!"
Fortsetzung folgt
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