Break my balls

Szenerie
Ich liege auf dem blanken Boden. Als ich meinen Kopf zur Seite nehme, erblicke ich schwarze High Heels mit spitzen Eisennoppen auf den Lederriemen. Darin steckt eine braunhaarige Frau. Vor ihrer Fußspitze liegt ein kleiner Strauß Tulpen. Langsam hebt sich ihr Fuß in den hochhackigen Schuhen. Der spitze, hohe Absatz landet sanft auf dem Blumenstrauß und verweilt dort. Langsam rotieren die Absatzenden darauf in kleinen Bewegungen.
Immer fester bohrt sich dabei der schmale Stift in die Blätter hinein ...
In dem Moment, als sich die Frau mit dem ganzen Gewicht auf die empfindlichen Pflänzchen stellt, knackt es. Alle Stängel brechen entzwei. Dieses kleine Geräusch klingt noch lange in meinen Ohren nach ...


Erklärung
Dieser Fetisch kommt selten vor. Crushing ist die Lust am Zerstören und Zertreten von alltäglichen Dingen, wie Zigarettenkippen oder Spielzeugautos, aber auch von kleinen Lebewesen wie Schnecken oder Ameisen. Jeder von uns kann diese Lust-Art bis zu einem gewissen Grad nachempfinden. Erinnern wir uns nur daran, wie es ist, wenn wir in Pfützen springen und wir das Wasser in alle Richtungen spritzen lassen. Wie es ist, mit den Fußspitzen in einen Schneehaufen zu hacken, bis wir ihn in kleine Stücke zertrümmert haben - das machen manche sogar unbewusst morgens beim Warten auf den Bus. Oder was gibt es uns für einen Energieschub, wenn wir vor Begierde den Slip des Partners einfach zerfetzen oder aus Liebesrache sein Lieblingsshirt mit der Schere aufschlitzen. Crushing, so könnte man verkürzt sagen, ist die Lust, etwas kaputt zu machen.

Neben dem selber machen, sind auch entsprechende Filme für Crusher geeignet, denn anders als bei Fotos, kann man sehen, wie die Zerstörung im Detail abläuft. Das natürliche, zufällige Zertreten einer Zigarette soll sogar noch mehr Kicken, als das gestellte. Der devote Part stellt sich beim Crushing vor, er wäre das Objekt: Er wird getreten, gequält und im härtesten Fall getötet. Der aktive Part liebt das machtvolle Zerstören. Zwischen beiden entsteht so eine besondere Magie: Die ergibt sich zum Beispiel daraus, dass der passive Partner mag, dass der andere das überhaupt macht und eben wie er es genau tut. Der aktive Partner findet es wiederum schön, dass ihn jemand für seine exzentrischen und leicht exhibitionistischen Spezial-Handlungen bewundert:
„Sieh her, was ich mir alles erlaube!“ Und es knackt und knirscht beim Crushen so schön – ein seltener auditiver Reiz beim Sex. Bei harten Gegenständen kracht und knallt es richtig laut. Das erinnert dann sogar an das Splittern von Knochen. Bei wirbellosen Tieren oder weichen Gegenständen geht es nicht um das Geräusch, sondern um das sich hoffnungslose Winden und Wehren - ohne Erfolg. Der Stärkere zerstört den Schwächeren.

Hierzu meint unser 6doctor:
In der Vorstellung selbst das zerstörte Objekt zu sein, spiegelt sich Todessehnsucht wieder. Doch man stirbt eben nicht selbst, sondern nur der Stellvertreter. Man spürt noch nicht einmal die Qualen am eigenen Körper, wie in anderen S/M-Spielen, sondern erlebt sie nur in den eigenen Gedanken. Entscheidend für den Sex-Kick ist hierbei also die Phantasie. Wer sich hier über Crusher entrüstet, der braucht gedanklich nur mal durchzuspielen, was er gern machen würde, wenn er wüsste, es bleibt geheim und ohne Folgen. Genau darum geht es auch bei diesem Fetisch, Normen zu sprengen: Ich weiß, ich dürfte es nicht tun, aber ich würde es gern. In der Regel unterscheiden Crusher sehr wohl was ethisch, moralisch und juristisch verboten ist und was sie nur in ihrer Phantasie durchspielen. Sie sind im Normalfall weder kriminell noch krank.

Und genau diese Unterscheidung ist wichtig: Phantasieren dürfen wir, aber eben nicht kriminell, selbstgefällig und sadistisch werden. An folgender Beispielkette sieht man aber, wie schwierig das ist, Crushing zu bewerten: Jeder von uns hat schon einmal eine Ameise zertreten. Bei einem Wurm werden es schon weniger sein und bei einer Maus noch weniger. Fakt ist, generell werden hierbei Lebewesen für sexuelle Gelüste geopfert: Auf der moralisch, juristisch und ethisch sicheren Seite bleiben alle, die nur Objekte, Pflanzen oder Lebensmittel wie Schokoküsse, Obst oder Nüsse für ihren Fetisch verwenden. Wobei das auch unfreiwillig komisch werden kann: Knackt mal eine Haselnuss mit High Heels ...

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