Virtuelle Erotik
Cybersex – ein erotischer Chat im Internet
Seit das Internet Einzug in beinahe alle Haushalte dieser Welt gehalten hat und sich Kinder genauso wie Omas und Opas im virtuellen Bereich bewegen, ist auch die Sexualität – der manche nachsagen, sie gestalte sich seit Anbeginn der Zeit in ähnlicher, nicht wesentlich veränderter Weise – um eine Facette reicher geworden. Cybersex liegt voll im Trend. Erotische Treffen im virtuellen Raum – die Möglichkeiten gestalten sich beinahe unbegrenzt. Beschränkte sich früher der „nicht physische Geschlechtsverkehr“ auf Telefonsex, welcher allerdings meist mit dem Partner oder zumindest mit Bekannten genossen wurde, vergnügen sich heute die Menschen in diversen Chats vor allem mit Fremden, aber auch mit Freunden oder ihren Partnern, die auf Reisen oder anderweitig abwesend sind. Gerade die vorhandene Distanz übt einen starken Reiz auf die Beteiligten aus, wie auch die Anonymität, das Flüchtige dieser Begegnungen. Man trifft sich, „verkehrt“ und trennt sich häufig wieder, ohne mehr voneinander zu erfahren oder eine Wiederholung des sexuellen Erlebnisses in der Realität auch nur anzudenken. Man lässt seinen Wünschen und Fantasien freien Lauf, was durch die Form des Mediums sehr erleichtert wird. Oft erwähnt man Dinge, die man seinem Partner nie erzählen würde, aus Scham oder Furcht, als pervers zu gelten oder Abscheu zu erregen. Viele dieser erotischen Gedanken möchte man auch gar nicht real in die Tat umsetzen, denn wir wissen alle, dass Fantasie und Wirklichkeit oft nicht viel gemeinsam haben. Einem Fremden oder einer Fremden aber, dem/der man niemals begegnen wird, eröffnet man seine geheimen Wünsche, spielt sie durch, genießt sie, stachelt sich gegenseitig an, nimmt Anregungen auf und bewegt sich im virtuellen Raum, als handle es sich um die Realität – zumindest solange der Reiz anhält. Cybersex hat – wie alle Praktiken – seine Vor- und Nachteile. Fantasielose Menschen sind kaum in der Lage, erotische Gespräche in einem Chat zu genießen, denn Cybersex lebt von der Improvisation und Erfindungsgabe der Beteiligten. Natürlich kommunizieren einige über Webcam, sodass der visuelle Aspekt den rein auf die Unterhaltung bezogenen verdrängt, doch die meisten Begegnungen finden ausschließlich auf der sprachlichen Ebene statt. Ergänzt durch die Stimulierung mit Hand oder Vibrator, die jedoch ohne erotischen Input des Gegenübers nicht auskommt. Sex im virtuellen Raum läuft ohne Erwartungshaltung an die Zukunft ab, was viele als sehr positiv werten. Man geht keine Verpflichtungen ein, kennt weder das Aussehen noch den Namen des Sexualpartners und könnte sich am nächsten Tag zufällig im Café gegenübersitzen, ohne zu wissen, dass man mit dieser Person bereits „verkehrt“ hat. Man ist sicher vor jeder Art der Ansteckung mit einer Geschlechtskrankheit oder vor einer ungewollten Schwangerschaft. Man benötigt ausschließlich einen Internetanschluss, einen PC oder Laptop und ein ruhiges Plätzchen. Geht man fremd, ist die Chance, erwischt zu werden, relativ gering, außer die Unterhaltungen werden mitkopiert und irgendwo abgespeichert.
Menschen, die sich leicht im virtuellen Raum verlieren, setzen sich allerdings der Gefahr aus, Realität und Cyberspace langsam zu vermischen und den Alltag immer mehr in die virtuelle Welt zu verlegen, sich in ein Dasein zu flüchten, das sich beim genaueren Hinsehen nur als Schein herausstellt. Ein Phänomen, welches weit über die bekannte Internetsucht hinausgeht. Verliebt man sich in das Gegenüber – und sagen Sie nicht, es wäre unmöglich, sich in einen unbekannten Chatter oder eine unbekannte Chatterin zu verlieben, dies passiert beinahe täglich –, wird die Sache meist kompliziert. Denn eigentlich projiziert man seine Gefühle auf ein Bild, das man sich von einem Menschen gemacht hat und das durchaus nicht der Realität dieser Person entsprechen muss. Im Grunde hat man keine Ahnung, ob die Angaben des Gegenübers auch nur im Ansatz stimmen. Aus fünfzigjährigen Männern mit Bierbauch werden austrainierte Kerle in den Dreißigern, die gierige Sie mit den langen schwarzen Haaren läuft im Alltag als Mauerblümchen mit hochgeschlossenen Blusen und Hornbrille durch die Gegend. Manchmal hält nicht einmal das angegebene Geschlecht einer Überprüfung stand. Und selbst wenn der Chatpartner/die Chatpartnerin sich authentisch schildert, heißt dies noch lange nicht, dass er oder sie die ihm/ihr entgegengebrachten Empfindungen auch erwidert. Im Cyberspace Gefühle zu investieren oder gar auf eine Zukunft zu hoffen, führt meist zu Enttäuschungen. Menschen, die nicht genügend Abstand aufbringen, um Virtualität und das wahre Leben zu trennen, sollten eher vorsichtig an Cybersex herangehen und die erotischen Gespräche auf ihre Partner beschränken, die auch sonst mit ihnen Tisch und Bett teilen. Ist man sich jedoch bewusst, worauf man sich einlässt, sucht man den Kitzel einer anonymen und unverbindlichen erotischen Begegnung, möchte man seine geheimsten Wünsche ausleben, ohne sich irgendwelchen Unannehmlichkeiten auszusetzen, ist der virtuelle Raum der ideale Ort, sich die Zeit sexuell prickelnd zu vertreiben. Beinahe für jede sexuelle Fantasie findet sich ein geeigneter Chat, der zum Kontakt mit Gleichgesinnten verhilft und so nicht nur einsame Stunden im Hotel auf der Geschäftsreise versüßt. Viele Anregungen und Gedankenexperimente können auch durchaus nützlich sein, wenn man sich wieder real auf einen Partner zubewegt – denn das Wichtigste beim Sex ist und bleibt die Fantasie! Und diese Tatsache wird selbst im Jahre 3000 noch Gültigkeit haben!
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